#FckThatComaTour 2024 – Spendentour für Geflüchtete, Kriegsopfer und antifaschistische Arbeit

Riot Turtle (@riotturtle.bsky.social)

#FckThatComaTour… was für ein Namen. Ja der Name hat natürlich eine Vorgeschichte. Der Riot Turtle stand schon in der Türöffnung, ready to leave the building. Mal wieder sollten kurz darauf einige Familienangehörige und gute freund*innen sagen. Dieser Beitrag erzählt die Geschichte hinter der #FckThatComaTour. Eine Spendentour durch Meloni’s Italien für Seenotrettung, humanitäre Hilfe in der Ukraine und antifaschistische Initiativen.

Am 18. April 2023 wurde ich in ein Krankenhaus in Sizilien eingeliefert, genauer gesagt in Cefalù. Ich war mit einem Freund in Tunesien gewesen und hatte mir dort eine bakterielle Infektion eingefangen. Schon auf dem Weg zur Fähre fühlte ich mich nicht gut, aber es hielt sich in Grenzen. Nichts Ernstes. Doch dann ging es rasend schnell bergab. Ich verlor kurz das Bewusstsein, streifte eine Leitplanke. Zum Glück kein Personenschaden, sofort wieder hellwach, aber so oder so war die Fahrt zu Ende. Das letzte, woran ich mich erinnere, war, dass Leute aus einem Gebäude kamen und mich fragten „Do you need an ambulance?“ und ich es gerade noch schaffte „yes, yes“ herauszupressen. Danach war alles schwarz. Sendepause.

Am 1. Mai wurde ich in einem Krankenhaus in Solingen aus dem künstlichen Koma geholt. Ich war überzeugt, in Düsseldorf gewesen zu sein. Die ganze Reise, Tunesien, Sizilien, alles war weg. Ich war völlig verwirrt und hatte keine Kraft mehr in Armen und Beinen. Ein guter Freund kam zu Besuch und versuchte mir zu helfen mich zu erinnern und nebenbei auch das Krankenhauspersonal zu entlasten, denn die hatten immer wieder angefangen zu erzählen, dass ich nicht in Düsseldorf, sondern in Sizilien war und mit einem Privatjet nach Deutschland zurückgeflogen wurde. „Ich und ein Privatjet, das merken sie selbst, oder?“ Ich habe den Leuten im Krankenhaus gar nichts mehr geglaubt.

Aber ich hatte großes Vertrauen in meinen Freund Arjan, den ich in dieser Geschichte einfach Arjan nenne, obwohl er eigentlich keinen holländischen Namen hat, aber immerhin eine Zeit lang in Amsterdam gelebt hat. Arjan hat mit viel Geduld begonnen, meine Erinnerungslücken zu füllen. Er rekonstruierte ziemlich genau, was in den Wochen zuvor passiert war. Er hat mir erzählt, wie mich die Ärzt*innen in Sizilien fast verloren hätten. Das hatten mir die Ärzt*innen in Solingen auch erzählt, aber ich habe ihnen nicht geglaubt. Die Sache mit dem Privatjet. Arjan hat mir auch erzählt, dass meine Söhne mit ihrer Mam nach Sizilien geflogen sind, um bei mir zu sein. Das hat mich sehr berührt und ich habe mich gefragt, ob das die Stimmen waren, die ich gehört habe. Schließlich war ein Freund aus Essen auch lange in Sizilien geblieben, es könnte auch seine Stimme gewesen sein. Jedenfalls beruhigte mich die Rekonstruktion von Arjan ein wenig. Aber ich wusste… Ich muss zurück nach Italien, denn ich weiß nicht, wie Cefalù aussieht. Ich weiß nichts über den Ort, an dem ich das Bewusstsein verlor. Der Ort, an dem ich später im Krankenhaus lag.

Die Folge war, dass ich noch am selben Abend, an dem Arjan mich zum ersten Mal im Krankenhaus besuchte, mit dem Training begann. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch an unzähligen Geräten angeschlossen war, konnte ich nicht laufen. Das Training bestand darin, immer abwechselnd die Arm- und Beinmuskulatur anzuspannen, wieder zu entspannen und so weiter. Am Anfang immer nur 2 Minuten. Danach war ich so platt, dass ich erst mal eine Stunde geschlafen habe, aber danach ging es gleich weiter. Als nach einigen Tagen die Schläuche und Geräte entfernt wurden, fing ich mit Hilfe von Physiotherapeut*innen an wieder gehen zu lernen. Es hat mich mental sehr getroffen, als ich kurz vorher feststellen musste, dass ich nicht einfach gehen konnte. Ich versuchte es, wurde aber gerade noch vom Pflegepersonal aufgefangen. Ab da arbeitete ich jeden Tag mit Physiotherapeut*innen an meiner Koordination, dem Gehen und anderen leichten Übungen. Ich habe auch mehrmals täglich alleine trainiert. Meine Kondition wurde nun schnell besser und auch die Ärzt*innen waren baff, als ich schon am 11. Mai 2023 entlassen werden konnte.

Nach ein paar Wochen habe ich wieder angefangen, mit dem Rennrad zu fahren. Nicht zu viele Kilometer. Nicht zu schnell. Möglichst keine Höhenmeter. Schritt für Schritt ein paar Kilometer mehr. Aber es ging voran. Aber mein altes Leben war weit weg. Dass sich meine Nikotinsucht durch den Reset meines Gehirns einfach in Luft aufgelöst hatte, war ein wunderbarer Nebeneffekt des Komas, dass ich viel weicher geworden bin auch, aber da hören die positiven Nebeneffekte auch schon wieder auf. Meine Arbeit in der stationären Jugendhilfe musste ich nach 3 Monaten aufgeben. Kognitiv war einiges im Eimer und ich hatte ständig Kopfschmerzen. Dazu kam, dass mir nach dem Koma auch noch eine posttraumatische Belastungsstörung so richtig um die Ohren geflogen ist. Die Spätfolgen meiner Erkrankung waren also auch, dass ich weder wieder auf der Balkanroute arbeiten, noch die humanitäre Hilfe in der Ukraine fortsetzen konnte. Zumindest im Moment nicht. Da ich aber nie schnell aufgebe, reifte im Laufe des Jahres eine Idee, wie ich mich einbringen könnte: Die #FckThatComaTour war geboren. Gleichzeitig würde es mich zusätzlich motivieren, den inneren Schweinehund immer wieder zu überwinden und jeden Tag weiter zu trainieren. Die Ärzt*innen hatten mir deutlich gemacht, dass mein Gehirn bei guter Fitness schneller nachziehen würde. Und das… war mir sehr wichtig. Seit Mai 2023 trainiere ich täglich. Längst werden nicht nur Kilometer gefressen, sondern auch immer mehr Höhenmeter auf dem Rad zurückgelegt.

Ich muss noch einmal nach Sizilien. Nach Cefalù. Aber auch zum Ätna. Zusammen mit einem meiner Söhne habe ich die #FckThatComaTour vorbereitet. Eine Tour, bei der die Ciclisti Antifascisti in Meloni’s Italien Spenden für die Seenotrettung, humanitäre Hilfe in der Ukraine und antifaschistische Arbeit der Ciclisti Antifascisti sammeln. Ein Jahr nachdem ich aus dem künstlichen Koma geholt wurde, am 1. Mai 2024, werden Punex 94 und ich den Ätna hoch fahren. 74 Kilometer und 2160 Höhenmeter werden wir an diesem Tag zurücklegen. Ein Jahr nach dem Koma. Es wird die letzte Etappe der #FckThatComaTour sein, die ein paar Tage vorher in Cesenatico, der Geburtsstadt von Marco, Il Pirata, Pantani, beginnt.

 

Die #FckThatComaTour ist übrigens kein Rennen. Wir halten uns an die Straßenverkehrsordnung. Es geht um Ausdauer und Höhenmeter 🙂

Aber wie funktioniert es?

Die Zahlungsmöglichkeiten der einzelnen Initiativen, die wir mit dieser Spendentour unterstützen möchten, werden wir direkt an die von Euch angegebene Emailadresse senden. Das heißt, die Spende geht nicht an uns, sondern an die jeweilige Initiative. Weitere Informationen folgen in Kürze. Unter anderem auch, an welche Organisationen gespendet wird. Derzeit sind wir im Gespräch mit mehreren Initiativen, die humanitäre und/oder antirassistische und/oder antifaschistische Arbeit leisten.

Was wir bereits wissen

Die Spenden für die Organisation der #FckThatComaTour gehen an Cars of Hope. Es handelt sich um einen Gesamtbetrag von 2000€ für z.B. die Anreise, Mautgebühren, Spritkosten für das Begleitfahrzeug, Fähre nach Sizilien,  Übernachtungen und Ausrüstung wie z.B. Ersatzschläuche, Manteln und Ersatzkleidung. Die Rennräder werden von den Fahrer*innen selbst gestellt. Cars of Hope erhält auch einen Teil der Spenden für humanitäre Hilfe in der Ukraine. Die Wuppertaler Initiative war schon oft in der Ukraine und braucht dringend weitere Spenden für den nächsten Hilfstransport. Bei diesen Transporten arbeitet Cars of Hope mit Help War Victims UA in Kyiv zusammen. Update: Wir werden während der Tour auch Geld für die Seenotrettungsinitiative Mare Go sammeln.

Mehr Informationen dazu auf unserem Spendenformular:
Spendenformular

Etappenplan der #FckThatComaTour -> Hier.

Kontakt und Medienanfragen: ciclistiantifascisti(@)protonmail.com

#FckThatComaTour Kleidung

In diesen Trikots und Hosen werden die Ciclisti Antifascisti durch Meloni’s Italien fahren.